Ob man sich Frankfurt mit dem Flugzeug, der Bahn oder über die Autobahn nähert – die Türme unserer imposanten Skyline kündigen die Stadt bereits aus der Ferne an. Und ebenso war es auch schon in früheren Tagen.

Neben dem Frankfurter Dom und seinen Vorläuferbauten zählten die Brückentürme, die über Jahrhunderte auf beiden Seiten der Alten Brücke standen, zu den höchsten und charakteristischsten Bauten Frankfurts. Wann die Brückentürme entstanden, lässt sich nur ungefähr bestimmen: Fest steht, dass sie vor 1306 erbaut wurden – denn in diesem Jahr wurden sie erstmals urkundlich erwähnt. Allerdings nicht in Zusammenhang mit guten Nachrichten: Ein schlimmes Hochwasser riss in diesem Jahr einen Großteil der Alten Brücke und beide Brückentürme mit sich – und zudem viele der Schaulustigen, die ungläubig die Wassermassen dabei beobachteten, wie sie die Alte Brücke überspülten. Zu lesen ist von 500 Menschenleben, die das Hochwasser forderte, andere Chronisten berichten jedoch von 10 Opfern – die Wahrheit wird irgendwo in der Mitte liegen.

Da die Brückentürme fester Bestandteil der Stadtbefestigung waren, ist davon auszugehen, dass sie schnell wieder aufgebaut wurden. Der Sachsenhäuser Neubau jedoch hatte nicht viel Zeit, alt zu werden: Schon 1342 wurde er bei einem noch schlimmeren Hochwasser von der Strömung mitgerissen. In den kommenden vier Jahren baute man ihn wieder auf, und seither nannte man sein Gegenstück auf der anderen Mainseite, das der zweiten Überflutung standgehalten hatte, „den Alten“.

  • Quelle: © Historisches Museum Frankfurt am Main

Mauern der Vergangenheit

Die Standorte der beiden Türme der Alten Brücke ließen sich sicher auch heute noch genau lokalisieren, da ihre soliden Fundamente 1914 bei dem damaligen Abriss der Alten Brücke gefunden und freigelegt wurden und keinerlei Hinweise darauf zu finden sind, dass sie damals entfernt wurden. So sind sie sicher auch heute noch unter den Rampen der Walter-Kolb- und der Kurt-Schumacher-Straße zu finden.

Der markante Turmkopf des Sachsenhäuser Turmes kam Anfang des 20. Jahrhunderts nochmals zu Ehren, als der damalige Oberbürgermeister Franz Adickes im Zuge des Rathausneubaus den monumentalen Rathausturm, den „Langen Franz“, bauen ließ. Seine Spitze wurde der des Sachsenhäuser Brückenturmes nachempfunden. Leider ist dieses schöne Zitat dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen und wurde bis heute nicht wieder aufgebaut.

  • Quelle: © Historisches Museum Frankfurt am Main

Zwei ungleiche Brüder

Äußerlich war den beiden Brückentürmen ihre Verwandtschaft kaum anzusehen: Der Sachsenhäuser Turm präsentierte sich baulich imposant – mit einer typisch gotischen und dementsprechend reichen Architektur. Trotzig vergrößerte er seine Grundfläche mit zunehmender Höhe. Der Turmschaft schloss mit einem Rundbogenfries ab, der einen Wehrgang und vier aus geprägte Ecktürme trug. Das steile Dach wurde von einem weiteren kleinen Turm gekrönt und bot zudem in Richtung Main und Sachsenhausen zwei Zwerchhäusern Platz – kleine Dachstuben, deren Front mit der Gebäudeaußenwand abschließt. Dank der schmalen Ecktürme und des steilen Daches wirkte der Sachsenhäuser Turm leicht gestreckt und damit immer ein bisschen größer als sein Frankfurter Gegenüber. Die Schlaguhr, die man 1729 im Sachsenhäuser Zwerchhaus in der Turmspitze installierte, trug er nur 36 Jahre – denn leider wurde der Sachsenhäuser Turm im August 1765 abgerissen.

Sein Frankfurter Pendant stach eher durch bildlichen Schmuck denn durch ausgeprägte Architektur hervor: In Richtung Fahrgasse prangte an dem Turm ein großer doppelköpfiger Reichsadler mit Zepter und Reichsapfel in den Krallen und darunter ein zweiter einköpfiger schwarzer Adler. Dem Fluss zugewandt zeigte der Turm übereinandergestellte korinthische Säulen, die gekrönt waren von allegorischen Frauengestalten. Vor den unteren Säulen befanden sich Kaiserbildnisse. Mittig trug er seit dem 15. Jahrhundert eine große Sonnenuhr, oberhalb der Uhr wurde später ein weiterer großer doppelköpfiger Reichsadler ergänzt. Das Innere des Frankfurter Turmes war zu jener Zeit gefürchtet: In seinem Keller befand sich das Frankfurter Verlies, und in einem Obergeschoss fand die Folter statt. Zudem wurden am Frankfurter Turm auch die Schädel der Männer aufgesteckt, die 1616 im Zuge des sogenannten Fettmilchaufstandes hingerichtet wurden. Und dort hingen die Schädel dann über viele Jahrzehnte. Erst 1801, als Handwerker damit begannen, den Turm nachts bei Fackelschein abzureißen, verschwand auch der letzte Schädel.